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Museum Ritter
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Thomas Rentmeister
Eisenschokolade, 2012

Eisenguss
100 x 100 x 13,8 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Foto: Gerhard Sauer

 

Thomas Rentmeisters Eisenschokolade besticht durch die massive Materialität des Eisengusses, ihre rigorose Geometrie und ihre unvermittelte räumliche Beziehung zum Betrachter, mit dem sie das Terrain teilt. Aufgrund der seriellen Gliederung in vier Mal vier quaderförmige Erhebungen ist die gerade einmal knöchelhohe Plastik von allen Seiten gleich anzuschauen; ihre schlichte, übersichtliche Form schließt Pathos und eine hierarchische Lesart vollkommen aus. Umso eindringlicher kommen in dieser elementaren Gestaltung die spezifischen Eigenschaften des Gusseisens zur Geltung: Im Ganzen betrachtet, erscheint das Werk schwer, hart und kalt; seine Oberfläche jedoch hat eine dichte Oxidationsschicht ausgebildet, die das kompakte Material in eine rostrot-warme, samtene Hülle kleidet. So wird die ästhetische Wirkung der Eisenschokolade nicht nur von ihrer soliden Präsenz bestimmt, sondern auch von einer berührungsempfindlichen, farblich changierenden Patina, die – als Ergebnis des Korrosionsprozesses – der starren Form eine veränderliche Erscheinung verleiht.

 

Die spezifische Ästhetik des Werkstoffs Eisen, die regelmäßige Struktur und die Monochromie sind Charakteristika, die die Eisenschokolade mit den rasterförmigen Bodenarbeiten von Carl Andre teilt. Die Darstellung einer Tafel Schokolade setzt sich jedoch nicht nur ironisch über den für die Minimal Art zentralen Topos der Bedeutungsverweigerung hinweg, sondern sie ist dezidierter Bestandteil des Werkkonzepts, das darauf abzielt, ein ganzes Bündel an Assoziationen anzuregen. Denn in der Eisenschokolade paart sich Rentmeisters bildhauerisches Bewusstsein für Formgebung und Material mit inhaltlichen, insbesondere gesellschaftlichen Aspekten: Massenproduzierte Esswaren und Genussmittel sind wiederkehrende Themen im Schaffen des Künstlers, der seit seinen frühesten Werken Mitte der Achtzigerjahre regelmäßig Kaffee, Zucker, Kartoffelchips oder Nussnougat-Creme zu Rauminstallationen, Plastiken und Bildwerken verarbeitet. Anders als bei diesen Werken, in denen das Lebensmittel selbst als plastischer Stoff und oft in großen Mengen zum Einsatz kommt, handelt es sich bei der Eisenschokolade um das verfremdete, überdimensionierte Abbild einer Ritter Sport-Schokoladentafel in ihrer typisch quadratischen Form. Gegenstandsbezug und Gegenstandslosigkeit, Motiv und Form verbinden sich hier zu einem Werkganzen, dessen Anblick die widersprüchlichen Referenzfelder von Schokolade und Eisen in Erinnerung ruft und zwischen weich und hart, süß und metallisch, handlich klein und schwergewichtig-massiv oszilliert.

 

Thomas Rentmeister

1964 geboren in Reken

Lebt und arbeitet in Berlin