
Bernard Aubertin
Dessin de feu, 1974
Streichhölzer auf Metall
90 x 90 cm
© Künstler
Foto: Gerhard Sauer
Bernard Aubertin erhielt 1957 durch seine Begegnung mit Yves Klein in Paris wegweisende Impulse für seine künstlerische Entwicklung. Die Kunst und Ideenwelt des „Yves le Monochrome“ genannten Kollegen beeindruckten ihn nachhaltig: insbesondere dessen intensiv blaue Bilder und Experimente mit dem Feuer, aber auch Kleins Vision, Immaterialität in der Kunst erfahrbar zu machen. Bereits ein Jahr darauf malte Aubertin seine ersten roten Bilder, deren monochrome Oberflächen er mit Spachteln, Gabelzinken und anderen Hilfsmitteln im All-over-Verfahren strukturierte. Die Farbe Rot sollte von nun an das Schaffen des Künstlers prägen. Von Beginn an folgte er dem Prinzip, die plastischen Möglichkeiten und die spezifische Erscheinungsweise der Malmaterie herauszuarbeiten. Aubertins Interesse für die symbolischen und energetischen Implikationen der Farbe Rot führte ihn zu Arbeiten mit weiteren Werkstoffen und Medien. So entstanden neben den Bildern bald auch Objekte und Aktionen, die – untermauert von Aubertins theoretischen Überlegungen – ein ganzes Spektrum an Themen wie Feuer, Wärme, Liebe und Lebens-kraft behandelten. Aufgrund dieser Arbeiten geriet der junge Künstler wiederum über die Vermittlung Yves Kleins in den näheren Umkreis der Düsseldorfer ZERO-Bewegung, mit der er ab 1961 regelmäßig ausstellte.
Dessin de feu [Feuerzeichnung] speist sich aus dem Motivrepertoire und den Gestaltungsstrategien, denen Aubertin im Austausch mit den Avantgarden der frühen Sechzigerjahre begegnet war. Auf eine quadratische Metallplatte ist ein zweispuriger Kreisring aus eng aneinandergereihten Streichhölzern montiert, der Spuren einer vom Künstler kontrolliert durchgeführten Verbrennungsaktion aufweist. Mit dem Kreis greift Aubertin einerseits ein unter den ZERO-Künstlern beliebtes Motiv auf, das von der Stunde Null und dem radikalen Neuanfang in der Kunst kündete. Der schlichte Werkaufbau erinnert andererseits an das Flugblatt Zero der neue Idealismus (1963), das den Ideenkosmos der Bewegung auf einer großen Kreisscheibe ausbreitet und ZERO unter anderem mit Feuer, Rauch und Sonne assoziiert. Die in Dessin de feu aus einem alltäglichen Material systematisch gebildete Kreisform sowie der Kontrast zwischen dem kühlen Metall und den Brandresten offenbaren schließlich Aubertins programmatisches Streben nach Objektivität und Realismus in seiner Kunst. Mit seinem Werk gelingt ihm zugleich, über die sichtbaren Spuren des Schaffensprozesses auch der Flüchtigkeit und Vergänglichkeit des Lebens Ausdruck zu verleihen.
Bernard Aubertin
1934 geboren in Fontenay-aux-Roses (FR)
2015 gestorben in Reutlingen