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Museum Ritter
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Jiří Hilmar

Weiss auf Weiss, 1976
Gefaltetes Papier, Plexiglas, Holz
100 x 100 x 15 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Foto: Gerhard Sauer

 

In der Tschechoslowakei der Sechzigerjahre gehörte Jiří Hilmar zu einer Generation junger Künstler, die sich verstärkt konstruktiven Bildprinzipien zuwandten. So war er 1967 in Prag Mitgründer des Klubs der Konkretisten, der durch seine Ausstellungsaktivitäten auch Kontakte mit anderen europäischen Avantgarden pflegte. Anders als viele Künstler dieser Richtung, deren Rückgriff auf die rationale Formensprache häufig mit der Absage an die subjektive Ausdruckskunst des Informel verbunden war, begründete Hilmar sein Streben nach einer Erneuerung der Kunst damit, dem in den Sechzigerjahren in seiner Heimat aufkeimenden liberalen Geist und der Aufbruchsstimmung eine eigene Prägung zu verleihen. Mit den Prinzipien der Geometrie, Mathematik und Logik, die er auf seine kinetischen Werke und Objektkästen anwandte, fand er seine moderne Antwort auf die von Barock und Mystik geprägte Prager Kunst und Literatur.

 

Zwischen 1966 und 1980 schuf Hilmar eine umfangreiche Reihe überwiegend monochromer, aber auch mehrfarbig gemusterter Papierreliefs, die nach formstrengen Kriterien zusammengesetzt sind und dabei eine ganze Fülle an visuellen Eindrücken ermöglichen. Die Arbeit Weiss auf Weiss von 1976 ist ein spätes Beispiel hierfür. Ein quadratischer Plexiglaskasten zeigt eine Vielzahl gefalteter Papierstreifen, die im systematischen Wechsel senkrecht und waagrecht auf den Träger montiert sind. Der Betrachter nimmt zunächst wahr, dass die serielle Mikrostruktur von einer Makrostruktur aufgebrochen wird. So lässt der durch den Lichteinfall bewirkte, subtile Hell-Dunkel-Verlauf auf den Papierwinkeln zwei große Rechteckfelder erkennbar werden, die, gegenläufig zueinander gekippt, die Vibrationsstruktur zusätzlich in Schwung versetzen. Aus der Nähe werden an den Teilflächen, Falt- und Schnittkanten die rohe Stofflichkeit, Spannkraft und skulpturale Qualität des Papiers sichtbar; aus einiger Entfernung hingegen lösen sich die Einzelteile optisch auf, und das Werk verwandelt sich in eine fließende Erscheinung, die in ein lebendiges weißes Rauschen übergeht.

 

Nach seiner Emigration aus der Tschechoslowakei und dem Umzug ins Ruhrgebiet, wo er sich 1974 für knapp vierzig Jahre in Gelsenkirchen niederließ, wandte sich Hilmar bald einer neuen Arbeitsweise zu. Vor dem Hintergrund seiner veränderten Alltagserfahrung sind die Holzskulpturen, Wandobjekte und Projekte im öffentlichen Raum, die der Künstler ab dieser Zeit schuf, Ergebnisse der Auseinandersetzung mit dem Spannungsverhältnis zwischen Natur und Industrie.

 

Jiří Hilmar

1937 geboren in Hradec Králové (heute: Tschechien)

Lebt und arbeitet in Petrovice (CZ)