Werner Bauer
L 65/93, 1993
Acrylglas, Acrylfolie, Leuchtstofflampe, Forex, Holz
71,5 x 71,5 x 16,5 cm
© Künstler
Foto: Gerhard Sauer
Bemisst man die Entwicklungen der konstruktiv-konkreten Kunst an den Gestaltungsspielräumen des ihr zugrunde gelegten Materials, so gehört der in Völklingen geborene Künstler Werner Bauer sicher zu den ideenreichsten Vertretern seiner Zunft. Seit Ende der 1960er Jahre experimentiert er mit konstruktiven Elementen und Strukturen, die weit über das hinausgehen, was man gemeinhin unter den Begriffen Plastik oder Bild versteht. Vor allem aber weiß er selbst die ungewöhnlichsten Materialien für seine Arbeit zu nutzen. Hatte er anfangs noch mit durchaus gebräuchlichem Holz gearbeitet, so entdeckte Werner Bauer im Laufe der folgenden Jahre vor allem industriell gefertigte Materialien, wie Plexiglas oder Silikon, PVC- und Acrylfolien.
Vor allem die letztgenannten Materialien beruhen dabei auf dem originären Gedanken, immateriellem und formlosem Licht eine durchaus materiale und formbare Gestalt zu verleihen. Dieser Gedanke liegt auch der Arbeit L 65/93 zu Grunde. Sie besteht aus einem quadratischen, fünfzehn Zentimeter tiefen Bildkörper, in dem sich eine künstliche Lichtquelle befindet. Die Quelle selbst bleibt für den Betrachter unsichtbar, der Lichtschein dringt lediglich durch einzelne Schnitte an die Oberfläche des Bildkörpers. Diese Schnitte verleihen nicht nur dem gesamten Objekt eine geometrische Ordnung, sondern sie bilden gleichsam die Ösen für zahlreiche transparente Folien, deren Schlaufen ein imposantes Ornament ausbilden.
Es ist dies ein Ornament, das sich wie Schallwellen vom Zentrum des Bildes nach außen aufbaut, kleiner werdende Kreissegmente übereinander lagert und somit dem quadratischen Bildgrund eine vibrierende Oberfläche verleiht. Mag diese Vibration zunächst aus der unkonventionellen Form resultieren, so gewinnt sie ihre eigentliche Intensität aus der nicht weniger ungewöhnlichen Materialität des Werkes: denn dem immateriellen Licht verleiht Bauer über die Verwendung der genannten „Lichtsammelfolien“ nicht nur eine Form, sondern er gewinnt ihm ebenso unterschiedliche Helligkeitsstufen ab. Auf diese Weise moduliert der Künstler gewissermaßen das Licht, während das Licht seinerseits das Werk moduliert. Gerade darin scheint Werner Bauer der konstruktiv-konkreten Kunst neue Dimensionen erschlossen zu haben.
Werner Bauer
1934 geboren in Völklingen
2021 gestorben in Saarbrücken