Kontakt

 

Museum Ritter
Alfred-Ritter-Straße 27
71111 Waldenbuch

E-Mail info@museum-ritter.de
Tel.  +49(0)7157.53511-0 

Tamás Kaszás

Shanty Tower No. 2, 2014

Regalsystemprofile, Gipskarton, Holz, Glühbirnen, Acrylglas, Fotos, Drucksachen, Holztafel

Turm 360 x 152 x 124 cm

Tafel 124 x 200 x 5 cm

© Künstler

Foto: Franz Wamhof

 

Das Schaffen des ungarischen Künstlers Tamás Kaszás ist Ausdruck einer umfassenden kritischen Reflexion über die Auswirkungen des neoliberalen Wirtschaftssystems auf die Gesellschaft. Themen wie die fortschreitende Umweltzerstörung, die Verschwendung von Ressourcen, die scheinbare Übermacht multinationaler Konzerne und die ausbeuterischen Mechanismen der Globalisierung bilden den Resonanzraum für seine Projekte, die er als Impulsgeber für einen gesellschaftlichen Emanzipationsprozess versteht. Ausgehend vom Haus, der Wohnstätte des Menschen, wirft er in seinen modellhaften Arbeiten die Frage auf, wie der Einzelne angesichts einer krisenhaften Epoche ein selbstbestimmtes, die Kriterien von Nachhaltigkeit und Umweltschutz erfüllendes Leben gestalten kann.

 

Shanty Tower No. 2 besteht aus einer hoch aufragenden Konstruktion mit spiralförmig darauf verteilten Plattformen, die armselige, schäbige und notdürftig zusammengeschusterte Miniaturbehausungen unterschiedlichster Art tragen. Zu dem „Baracken-Turm“, den nackte Glühbirnen beleuchten, gehört eine Pinnwand mit einer Auswahl an Fotografien und Bildern aus dem Archiv des Künstlers. Es sind durchweg günstige und allgemein verfügbare Materialien, die für das Werk verwendet wurden: Vorfabrizierte Systemprofile und MDF-Platten etwa, Fundstücke aus der Natur, Abfälle und Drucksachen. Die formale Gestaltung des Turms orientiert sich dabei einerseits an Nicolas Schöffers Kybernetischen Türmen, andererseits an den als „Megastrukturen“ bezeichneten städtebaulichen Entwürfen der Fünfziger- und Sechzigerjahre: Nach Plänen von Yona Friedman und Constant Nieuwenhuys sollten gigantische Rahmentragwerke die Versorgung der Stadt gewährleisten und dem Bedarf der modular aufsteckbaren Wohngebiete, Gewerbezonen oder Parks entsprechend angepasst werden. Weitere Referenzen stellt Kaszás auf einer Anschlagtafel zur Schau, beispielsweise utopische Architekturentwürfe der Zwanzigerjahre, improvisierte Behausungen, Schutzräume nach dem Do-it-yourself-Verfahren sowie traditionelle Bauten verschiedener Kulturen. Der expliziten Ästhetik des Funktionalismus in Shanty Tower No. 2 wohnt zugleich ein romantischer Zug inne, der im Motiv des „nächtlichen“ Leuchtens sowie in den ruinösen und naturnahen Schauplätzen zum Ausdruck kommt und einen grundlegenden Freiheitsgedanken widerspiegelt. So dienen die Arbeiten Kaszás’ der praktischen Wissensvermittlung: Sie sollen die Kreativität des Einzelnen im Sinne einer Wiederaneignung autonomer Handlungsräume mobilisieren, und sie antizipieren mit konkreten Vorschlägen ein Leben nach einem ökologischen und ökonomischen Kollaps.

 

Tamás Kaszás

1976 geboren in Dunaújváros (HU)

Lebt und arbeitet auf der Szentendre-Insel (HU)