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Museum Ritter
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Auguste Herbin

contraste, 1954

Gouache auf Papier

50 x 34 cm

© VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Foto: Gerhard Sauer

 

Auguste Herbin stammte aus einer Handwerkerfamilie aus Nordfrankreich und war zeitlebens sozialistisch gesinnt. Mehrere gegenständliche und abstrakte Phasen prägen sein Schaffen von 1900 bis 1926. Nachdem er sich zunächst mit dem Impressionismus und dem Fauvismus befasst hatte, entwickelte er, ab 1909 in Nachbarschaft zu Pablo Picasso, Georges Braque und Juan Gris auf dem Pariser Montmartre lebend, einen eigenen kubistischen Stil. Auch mit dem Orphismus Robert Delaunays setzte sich Herbin auseinander. Seine im Laufe dieser Jahre entstandenen Arbeiten weisen eine voranschreitende Reduktion und Geometrisierung der Formen sowie eine intensive Farbigkeit und Rhythmisierung auf. Ab 1926 arbeitete er ausschließlich abstrakt.


Zusammen mit Georges Vantongerloo, Theo van Doesburg und anderen gründete Auguste Herbin in Paris 1931 die Künstlervereinigung Abstraction-Création. Ziel der bis 1936 bestehenden, international  besetzten Gruppe war es, ein Forum für die abstrakte Kunst zu schaffen. Fortwährend suchte Herbin nach Möglichkeiten einer ungegenständlichen, flächigen Farbkomposition. Ab etwa 1940 „beruhigen“ sich seine Arbeiten: Die dynamischen Spiralformen der Dreißigerjahre verschwinden nahezu vollständig, und die Farbformen sind fortan baukastenartig und fast ohne Überschneidungen nebeneinander angeordnet, wodurch sie ein harmonisches Ganzes bilden.


Um 1942–44 entwickelte Herbin ein eigenes Gestaltungssystem, das er „alphabet plastique“ [bildnerisches Alphabet] nannte. Er ordnete den Buchstaben Töne, Farben und geometrische Formen wie Rechteck, Kreis, Kreissegment und Dreieck zu. Im Vordergrund stand dabei weniger ein mathematisches als ein spirituelles Interesse. Herbins System weckt die Vorstellung eines geheimen inneren Zusammenhangs zwischen Farbe, Form, Buchstabe und Klang, der anhand seiner Bildercodes entschlüsselt werden könnte. Goethes Farbenlehre und die Anthroposophie lieferten dem Künstler Anregungen zu diesem synästhetischen Prinzip. Obwohl es sich um abstrakte Kompositionen handelt, schwingt in seinen Gemälden bis zu seinem Tod 1960 Gegenständliches mit, so zum Beispiel, wenn farblich und kompositorisch die Abendstimmung einer Landschaft angedeutet wird. Als eine Schlüsselfigur der Pariser Avantgarde der Nachkriegszeit übte Herbin Einfluss auf geometrisch-abstrakt arbeitende Künstler der jüngeren Generationen aus, darunter Victor Vasarely und Günter Fruhtrunk.


Die hier abgebildete Arbeit contraste gliedert sich in drei abgeschlossene Bereiche mit einem blauen, einem schwarzen und einem roten Grund. Die stufig angelegte schwarze Fläche im linken unteren und im mittleren Bereich der Komposition ist durch weiße Binnenformen statisch strukturiert. Sie hebt sich spannungsreich von den flankierenden äußeren Flächen ab, deren geometrische, teilweise nach oben weisende Formen durch den Gegensatz zwischen warmen und kalten Farben belebt werden.

 

Auguste Herbin

1882 geboren in Quiévy (FR)

1960 gestorben in Paris