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Museum Ritter
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Johannes Itten
Leuchtendes Rot, 1955

Öl auf Hartfaserplatte

80 x 60 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Foto: Gerhard Sauer

 

Der Schweizer Johannes Itten hat ein bedeutendes und erstaunlich vielfältiges malerisches Werk geschaffen. Es umfasst sowohl gegenständliche Kompositionen als auch abstrakte Bilder, die auf einer klaren, geometrischen Formensprache basieren. Bekannt geworden ist der Künstler zudem durch seine langjährige Lehrtätigkeit, unter anderem am Bauhaus, wie auch durch seine theoretischen Schriften zur Formen- und Farbenlehre. Bereits während seiner Studienjahre an der Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste wurde der Grundstein für seinen bewussten Einsatz der Farbe und sein Interesse für einen konstruktiven Bildaufbau gelegt. Erste wichtige Anstöße zur Beschäftigung mit Form- und Farbproblemen erhielt er von seinem Lehrer Adolf Hölzel, der eine auf dem Kontrastprinzip aufbauende Farbenlehre entwickelt hatte. Ittens Studienzeit folgte eine Jahrzehnte währende intensive Auseinandersetzung mit Fragen der Form- und Farbgestaltung. Ergebnis seiner Untersuchungen von Farbwirkung und -gesetzen ist zum Beispiel der von ihm entwickelte Farbstern.

 

Seine Erkenntnisse wusste Johannes Itten als charismatischer Kunstpädagoge kenntnisreich zu vermitteln. Bei seinem Unterricht verfolgte er ein ganzheitliches Erziehungskonzept und beschränkte sich nicht allein auf Fragen der künstlerischen Techniken. Beeinflusst von östlicher Religionsphilosophie, insbesondere von der damals in intellektuellen Kreisen viel beachteten Mazdaznan-Lehre, strebte er nach einer Synthese von praktischer Lebensführung, geistigen Interessen und schöpferischem Tun. Richtungweisend für die von ihm maßgeblich mitbegründete Bauhaus-Pädagogik wurde vor allem sein gestalterischer Grundkurs, der so genannte „Vorkurs“, in dem er den Schülern die Grundprinzipien der Form- und Farbgestaltung nahe brachte. Bei seinen weiteren Stationen als Lehrer unter anderem an der Itten-Schule in Berlin, der Höheren Fachschule für textile Flächenkunst in Krefeld und der Kunstgewerbeschule in Zürich blieb ihm das Unterrichten in Form- und Farbenlehre ein essentielles Anliegen, wobei er seinen ganzheitlichen Ansatz stets weiterverfolgte.

 

Als sich Johannes Itten ab Mitte der 1950er Jahre nach und nach von seinen zahlreichen Amtspflichten zurückzog, fand er die Ruhe, sich wieder verstärkt der eigenen Malerei zuzuwenden. Ergebnis ist ein in Umfang und Qualität beachtliches Alterswerk, das in weiten Teilen an seine frühen Arbeiten anknüpft. Es lassen sich hierbei im Wesentlichen zwei Werkgruppen unterscheiden: zum einen gestisch-expressive Bilder, die Elemente von frühen Tuschpinsel-Kalligrafien des Künstlers aufgreifen, und zum anderen geometrisch-abstrakte Farbkompositionen. Zu letztgenannter Gruppe gehört das Bild Leuchtendes Rot.

 

In dem 1955 geschaffenen Ölgemälde Leuchtendes Rot bilden verschiedenfarbige und annähernd gleich große Quadratfelder, die in fortlaufender Reihung aneinander gefügt sind, eine ausgewogene Komposition. Warme Rotnuancen bestimmen den Gesamteindruck des Gemäldes und verleihen ihm seine große Leuchtkraft. Die roten Farbformen kombinierte der Künstler mit solchen, die in gedämpften Mischfarben, in kühlen Blautönen und in einem tiefen Schwarz gehalten sind. Eher ungewöhnlich für Itten ist dabei die doppelte malerische Umrahmung des poetischen Farbspiels im Zentrum der Bildfläche. In dem hochformatigen Werk greift der Künstler Kompositionsprinzipien seiner frühen geometrischen Arbeiten von 1915 bis 1917 auf wie den aus horizontalen und vertikalen Strukturen entwickelten Bildaufbau. Die regelmäßige Bildordnung des Gemäldes erinnert darüber hinaus an Gestaltungsmerkmale der zeitgleichen Malerei der Zürcher Konkreten, doch fehlt Johannes Ittens Komposition deren rationale Strenge und geometrische Exaktheit. Auch folgt die Farbgebung der quadratischen Felder keiner erkennbaren Systematik, sondern erscheint eher zufällig und intuitiv.

 

Johannes Itten

1888 geboren in Süderen-Linden (CH) 
1967 gestorben in Zürich