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Almir Mavignier

durchdringung – weiss auf rosa, 1973
Öl auf Leinwand
111,6 x 111,6 x 9 cm

© Künstler

Foto: Gerhard Sauer

 

Die für Almir Mavigniers Werk charakteristischen Bilder mit Punktrastern entstanden erstmals 1954 während seines Studiums an der Hochschule für Gestaltung in Ulm unter dem Einfluss von Max Bill und Josef Albers. In diesen Arbeiten setzte sich der gebürtige Brasilianer mit Themen wie Instabilität und Bewegung, mit der Auflösung hierarchisch angelegter Kompositionen und der Partizipation des Betrachters auseinander. Er entwickelte daraus eine neue Bildauffassung, die auch in der später von ihm mitinitiierten Avantgardebewegung Neue Tendenzen ihren Niederschlag fand.

 

In dem Werk durchdringung – weiss auf rosa überlagern sich auf einer hellrosa Grundfläche zwei Raster aus jeweils einheitlich großen weißen Farbtupfen. Das Werk selbst kann nur schwerlich mit traditionellen Bildbegriffen beschrieben werden: Es ist weder Malerei noch Objekt, die weißen Elemente sind weder Punkte noch Kreise. Der Farbauftrag ist pastos und jeder Tupfen individuell, doch gehen die Unterschiede in der Mikrostruktur bei der Betrachtung des Ganzen auf in einer objektivierten, systematischen und im Malprozess höchst akkurat gesetzten Makrostruktur. Die Farbe setzte Mavignier mit dem flachen Kopf eines Nagels auf die Leinwand. Diese Art des Farbauftrags führt zu plastisch aufragenden Tupfen, deren Spitzen wie kleine Hütchen abstehen; sie biegen sich grazil in unterschiedliche Richtungen und sind dadurch einem subtilen Spiel von Licht und Schatten unterworfen.

 

Almir Mavigniers Werke sind wegen ihrer optischen Effekte, ihres scheinbaren Vibrierens und Pulsierens, vielfach in die Nähe der Op-Art gestellt worden. 1965 waren Arbeiten des Künstlers in der legendären Ausstellung The Responsive Eye in New York zu sehen, die der Op Art den Durchbruch verschaffte. Auch wenn es sicherlich richtig ist, Mavigniers Bilder als wegbereitend für die optisch-kinetische Kunst der Sechzigerjahre zu deuten, zeigt ein Werk wie durchdringung – weiss auf rosa, dass es dem Künstler auch noch um ein weiteres Anliegen ging: Den Themen Ordnung und Objektivierung begegnete er von Anfang an mit einer gewissen Imperfektion und ließ so der präzisen Struktur ein sympathisches Stück Lebendigkeit zuteilwerden.

 

Almir Mavignier

1925 geboren in Rio de Janeiro  
2018 gestorben in Hamburg