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Museum Ritter
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Jean Gorin

Raum-Zeit-Konstruktion N° 10, von der Pyramide ausstrahlend, 1955/1957
Öl auf Holz
81,5 x 56,5 x 56,5 cm

© Künstler
Foto: Gerhard Sauer

 

Jean Gorins Raum-Zeit-Konstruktion Nr. 10, von der Pyramide ausstrahlend aus den Jahren 1955/57 baut auf einem Skulpturenbegriff auf, den Künstler wie Pablo Picasso, Hans Arp oder die russischen Konstruktivisten Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten. Sie verstanden die Skulptur nicht länger als ein in sich geschlossenes Gebilde. Das klassische dreidimensionale Objekt, bei dem das Umschreiten – und damit die zeitliche Dimension – zum Konzept gehörte, wurde erweitert: Die Öffnung der Skulptur erlaubte Durchblicke und bewirkte eine Verschränkung mit dem sie umgebenden Raum.

 

Inspiriert von Künstlern wie Georges Vantongerloo und Piet Mondrian, entwickelt Gorin ab 1926 in Frankreich eine eigene Interpretation des Neoplastizismus. Die Ideen dahinter beeindruckten ihn so sehr, dass er sich über Jahre hinweg sogar ein Atelier im neoplastizistischen Stil einrichtete.  

 

In dem hier vorgestellten Werk aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter übertrug er die Prinzipien seiner konstruktiven Gemälde und Reliefs auf die Plastik. Ein sorgfältig austariertes, komplexes Zusammenspiel von Flächen und Linien im Raum kennzeichnet die Arbeit. Sie besteht aus einem orthogonal angelegten Gefüge aus schwarzen Stäben, die unterschiedlich große Rechtecke in den Farben Rot, Blau, Gelb, Grau und Weiß tragen. Da die Komposition offen gestaltet ist, entstehen vielschichtige Bezüge zwischen den auf mehreren Ebenen liegenden Elementen. Durch ihre versetzte Anordnung innerhalb der dreidimensionalen Konstruktion steigerte Gorin zugleich die Raumwirkung der einzelnen Formen und Farben. Nicht zuletzt erinnert die Arbeit aufgrund ihrer tektonischen Erscheinung an visionäre Architekturmodelle der Moderne. Gorin, der sich selbst „Maler-Architekt“ nannte und während seines Aufenthalts im Süden Frankreichs von 1947 bis 1956 sowohl künstlerische Werke als auch architektonische Zeichnungen anfertigte, folgte hier gewissermaßen einem zentralen De-Stijl-Gedanken: die Kunst mit der Lebenswirklichkeit des Menschen zu verbinden. Von dem modellhaften Werk wurden mehrere meterhohe Versionen erstellt, darunter eine im Jahr 1980 errichtete, acht Meter hohe Außenraumplastik im bretonischen Genlis.

 

Jean Gorin

1899 geboren in Saint-Émilien-de-Blain (FR)

1981 gestorben in Niort (FR)