Walter Giers
Einfach machen!

Walter Giers (1937–2016) zählt zu den Vorreitern der elektronischen Kunst. Mit seinen interaktiven Spielobjekten und seinen ausgeklügelten Klang- und Lichtarbeiten steht sein Schaffen in der Tradition von Konstruktivismus, Kinetik und Lichtkunst. Dabei war Walter Giers als Künstler Autodidakt. 1959 kam der ausgebildete Metallgraveur und vielseitige Jazzmusiker nach Schwäbisch Gmünd, wo er zunächst als Industriedesigner tätig war. Getrieben von seiner Begeisterung für ästhetische, akustische und technologische Fragen, schuf er Ende der 1960er-Jahre aus elektronischen Bauteilen seine ersten zweckfreien Werke, die er als „Nonsens-Design“ und „Spielobjekte“ bezeichnete. Der Einsatz von Zufallsgeneratoren ab 1973 wurde für ihn zu einem Wendepunkt; von nun an konnten seine Objekte ein Eigenleben entfalten und eine komplexe Wechselbeziehung mit dem Publikum herstellen.

Mit mehr als 40 Exponaten aus vier Jahrzehnten gibt die Werkschau Einblick in die multimedialen Facetten eines Schaffens, das sich zwischen Kunst, Design, Musik und Technik bewegt. Ausdruck dieses interdisziplinären Ansatzes ist, dass die in vielen Objekten sichtbaren Lautsprecher, Widerstände und Leiterbahnen nicht nur eine elektronische Funktion erfüllen, sondern immer auch als Gestaltungsmittel dienen. Jenseits ästhetisch-technischer Aspekte interessierte sich Walter Giers für eine Vielzahl an Themen, die sich in der Ausstellung an Werkkomplexen nachvollziehen lassen: interaktives Spiel, Naturerscheinungen und Umweltzerstörung, Lichtkinetik und Wahrnehmungsphänomene, Formen der zwischenmenschlichen Kommunikation und dadaistische Lautpoesie.
Die Bildobjekte, Plastiken und Installationen von Walter Giers sprechen unseren Seh-, Hör- und Tastsinn unmittelbar an. Beim Erleben seiner Werke werden wir überrascht, belustigt oder entspannt, manchmal auch irritiert oder emotional überfordert. Einfach machen! ist daher eine Aufforderung des Künstlers an das Publikum, seine passive Rolle aufzugeben und in Interaktion mit den Objekten zu treten. Die Losung drückt zugleich das Selbstverständnis eines Künstlers aus, der weniger dank Inspiration als vielmehr durch Tüfteln, Ausprobieren und Experimentieren seine „spielerischen Kommunikationsinstrumente“ entwickelte.

Biografie
1937 geboren in Mannweiler, Rheinland-Pfalz |
ab 1955 Jazzmusiker |
1959 Abschluss der Lehre zum Metallgraveur in Kevelaer und Umzug nach Schwäbisch Gmünd zum Erwerb des Meistertitels |
1963 Abschluss in Industriedesign, Werkkunstschule Schwäbisch Gmünd |
1963 Gründung des Designbüros form + funktion, Schwäbisch Gmünd |
ab 1968/69 freischaffender Künstler |
1970 Gründungsmitglied der Künstler-Cooperative, Schwäbisch Gmünd |
1990 Gründung des Büros für Licht und Klang im öffentlichen Raum, Schwäbisch Gmünd (mit Berthold Beuthe) |
1992/93 Lehrbeauftragter an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe |
2016 gestorben in Schwäbisch Gmünd |