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Kurt Schwitters
Merzzeichnung 29/18 (Kaiser-Friedrich-Quelle), 1929

Papiercollage

11,8 x 9,5 cm (Bild)
© VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Foto: Gerhard Sauer

 

Im Gegensatz zu Künstlern wie Pablo Picasso oder Hans Arp, die sich nur vorübergehend mit der Collage beschäftigten, begleitete diese künstlerische Technik Kurt Schwitters lebenslang. Sie war die Basis seines Schaffens, kontinuierlich verfolgte er das Prinzip Collage und transformierte Abfall und Fundstücke in zahlreiche variantenreiche Kunstwerke. Damit erweiterte er den Begriff von Komposition, der für ihn eben nicht nur Farbe, Linie, Form, sondern auch das Taktile des Materials beinhaltete. Mit seinem Konzept Merz – der Begriff entstand durch eine Com[merz]bank-Anzeige, die er für eine Assemblage verwendete – entwickelte er ab 1919 in der Provinzhauptstadt Hannover parallel zu den dadaistischen Bewegungen in Berlin und Zürich eine Kunstrichtung, die den bisherigen Umgang mit Kunst in Frage stellte. Bezog er die Merzkunst anfangs allein auf das malerische Werk, so dehnte sich die Idee, die auf der wesentlichen Verwendung von Altmaterialien und Offenheit des Arrangements beruhte, auch auf sein vielfältiges gesamtes Schaffen als Bildhauer, Zeichner, Architekt und Typograph aus.

 

Die Collage Kaiser-Friedrich-Quelle von 1929 gehört zu seinen Merzzeichnungen, wie er kleinformatige, geklebte und manchmal übermalte Kompositionen selbst nannte. Zusammengesetzt aus unterschiedlichen Fundstücken wie Kontrollabschnitten, Schokoladenpapier, transparenter Pralinenverpackung und einer Flaschenbeschriftung der Heilwasser-Marke Kaiser Friedrich Quelle ergibt sich eine Bildkomposition, die im Wesentlichen aus horizontal und vertikal ausgerichteten Elementen besteht. Zwei sich überlagernde Kreisformen ragen vom unteren linken Bildrand bis ins Zentrum und brechen die strenge Ordnung auf. Die durchsichtigen Materialien geben den Blick frei auf darunterliegende Flächen, wodurch eine räumliche Wirkung entsteht, die auf eine kubistische Durchdringung der Fläche ins Räumliche verweist. In ihrer haptischen Qualität betonen die Knitterfalten des Verpackungsmaterials darüber hinaus den sinnlichen Charakter der Arbeit und verleihen ihr eine zusätzliche Expressivität. Der insgesamt geometrisierte Bildaufbau verweist auf den Stil des internationalen Konstruktivismus, mit dem sich Schwitters seit 1923 auseinandersetzte und dessen Erfolg mit seinem eigenen als avantgardistischer Künstler einherging. Seine Stellung als Vorreiter neuer Strömungen zeigt sich nicht zuletzt durch die verschiedene Kunstgattungen kombinierende Vorgehensweise. Die enge Verbindung etwa von Text und Bild, Literatur und bildender Kunst sprengt schon früh im 20. Jahrhundert Gattungsgrenzen, die ganz seiner individuellen Vorstellung der Merzkunst entsprachen und späteren Kunstformen wie Pop-Art oder Fluxus den Weg bereiteten.

 

Kurt Schwitters

1887 geboren in Hannover  
1948 gestorben in Kendal (UK)